Dazu veröffentlichen wir heute ein Interview vom 22.10.20 mit der “Mutti” der RMBs, Pia Dietrich – mit freundlicher Genehmigung der Offenbach Post und Jörn Polzin.

Langen – Seit 2011 gehört Pia Dietrich fest zum Stamm der Rhein-Main Baskets. Seitdem hat sie mehr als 250 Spiele für die Bundesliga-Basketballerinnen absolviert. Doch die kommende Saison ist auch für die 26-Jährige eine außergewöhnliche. Vor dem Start am Sonntag spricht die Kapitänin über Bedenken, „komische Situationen“ und wie es sich als „Mutti“ im Team so anfühlt.

Was überwiegt vor dem Zweitliga-Auftakt in Weiterstadt: Vorfreude oder Bedenken?

Wir freuen uns alle sehr, dass es wieder losgeht – die Vorbereitung war dann doch lange genug (lacht). Dennoch haben wir natürlich die aktuelle Situation immer im Kopf.

Wie haben Sie die vergangenen Monate erlebt und wie gehen Sie persönlich mit dieser Situation um?

Als es im März plötzlich zum Saisonabbruch kam, waren wir alle sehr geschockt. Nach eine gefühlt endlosen Pause ging es im Sommer mit kontaktlosem Sport weiter. Als dann aber der Kontaktsport wieder erlaubt war, habe ich mich erst einmal vom Training abgemeldet oder nur am Rande für mich trainiert. Zu groß war die Angst vor dem Unbekannten. Zum Vorbereitungsbeginn war ich wieder komplett dabei, da sich die Lage zu bessern schien. Nun stehen wir kurz vor dem ersten Saisonspiel und die Situation ist eigentlich schwieriger als je zuvor.

Für Sie als Asthmatikerin dürfte die Entscheidung zu spielen noch schwieriger gewesen sein….

Natürlich habe ich ganz besonders lange nachgedacht und habe dies immer im Kopf. Ich habe seit meinem 16. Lebensjahr Belastungsasthma, also immer dann Atemprobleme, wenn ich sportlich aktiv bin. Die eine oder andere Situation auf dem Feld mussten meinen Mitspielerinnen schon miterleben, in denen ich nach Luft und meinem Asthmaspray gerungen habe. Ich denke daher deutlich mehr nach und frage mich, ob sich das lohnt.

Letztlich hat sich das Team aber geschlossen dafür ausgesprochen zu spielen. Lässt sich das überhaupt unbefreit umsetzen?

Vielleicht ist das nur für Sportler nachzuvollziehen: Sobald der Sprungball passiert ist und das Spiel läuft, ist Corona für eine Zeit vergessen. Dann geht es um Bälle klauen, Körbe werfen und Spiele gewinnen. Die einzigen komischen Situationen kommen zum Beispiel, wenn man der Gegnerin eigentlich aufhelfen sollte, den Kontakt aber vermeiden soll oder seine eigenen Teamkameradinnen nicht abklatschen darf. Das ist schon merkwürdig.

Was halten Sie davon, dass es entgegen anderer Klassen in der 2. Liga Auf- und Absteiger geben soll?

Das macht das Ganze nicht besser. Viel mehr hat man das Gefühl, dass der Druck trotz des Risikos spielen zu müssen, um nicht abzusteigen, alles überdeckt.

Wie schätzen Sie trotz aller Umstände den Baskets-Kader in dieser Saison ein?

Wir sind insgesamt sehr ausgeglichen. Die neu dazugekommenen Spielerinnen haben sich super in das Team eingefügt, jeder kann seinen positiven Teil zu einer erfolgreichen Saison beitragen. Ich denke, dass wir den Vorteil haben, die wichtigen Spielerinnen bei uns gehalten zu haben und auch durch die Rückkehr von Svenja Greunke nochmal deutlich stärker geworden sind.

Zusammen mit Svenja Greunke sind Sie die dienstälteste im Kader. Wie sehen Sie Ihre Rollen?

Wir sind wohl jetzt Oma und Mutti in der Mannschaft (lacht). Svenja ist Svenja. Sie hat sehr viel Erfahrung, gepaart mit einem hohen Basketball-IQ, gutem Distanzwurf und den Zentimetern, die den anderen leider fehlen. Svenja und ich werden versuchen, das Team in der kommenden Saison möglichst erfolgreich zu führen und zur Stelle zu sein, wenn wir gebraucht werden. Die Ausbildung unserer jüngeren Spielerinnen hat große Priorität. Das geht ganz nach dem Motto: ‘Spielzeit so viel wie nötig, so wenig wie möglich’, damit unsere ‘Kleinen’ sich entwickeln können.

2013 waren Sie mit den Baskets noch deutsche Vizemeisterin. Ist die 1. Liga in Langen überhaupt noch denkbar?

Nein. Die 1. Liga ist meiner Meinung nach für uns erstmal nicht denkbar, allen voran deshalb, weil wir die finanziellen und organisatorischen Hürden nicht meistern können. Zudem sind wir weiterhin sehr stolz, in unserem Team viele junge deutsche Spielerinnen einsetzen zu können. Die 1. Liga hat sich so entwickelt, dass man leider eine größere Anzahl an ausländischen Spielerinnen benötigt, um wettbewerbsfähig zu sein. Vielleicht schafft es die eine oder andere mal irgendwo ins Oberhaus des Damen-Basketballs. Wir planen aber zukünftig mit Liga zwei.

Das Gespräch führte Jörn Polzin

Das Originalinterview finden sie am 22.10.20 in der Offenbach Post oder hier: https://www.op-online.de/sport/lokalsport

Tipp-Off bei ersten Spiel der Saison ist heute 25.10.20 um 16:00 Uhr beim Lokalderby in Weiterstadt. Es sind leider keine Zuschauer erlaubt.