Mit freundlicher Genehmigung der Offenbach-Post und Jörn Polzin zur Wiederveröffentlichung des Artikels vom 30.06.25.
Urgestein Sebastian Barth übernimmt beim TV Langen als Trainer das Frauenteam und strebt den Aufstieg an. Der hätte Sogwirkung, sagt er im Interview.
„Ohne Team wird es keinen neuen Trainer geben“, hatte Baskets-Präsidentin Silke Dietrich kürzlich gesagt. In beiden Punkten ist der Bundesliga-Absteiger, der künftig als TV Langen in der Regionalliga aufläuft, deutlich weitergekommen. „Wir sind jetzt richtig guter Dinge, es hat sich toll entwickelt“, sagt Dietrich nun auch mit Blick auf den neuen Trainer, der in Langen kein Unbekannter ist: Sebastian Barth. Der frühere Bundesligaspieler der Giraffen und Sohn von Manager Jürgen Barth fiebert seiner Premiere als Frauencoach entgegen. Im Interview spricht der 40-Jährige über seine neue Aufgabe, Aufstiegsambitionen und warum er selbst nicht mehr auf höherem Niveau die Basketball-Schuhe schnürt.
Herr Barth, wie hat Silke Dietrich reagiert, als Sie Ihr Interesse am Trainerjob hinterlegt haben?
Das kam für Sie etwas überraschend. Für mich war es das auch. Vor ein paar Jahren hätte ich mir das nicht vorstellen können. Es war ein Prozess.
Inwiefern?
Mal kam der Gedanke auf, dann habe ich ihn wieder verworfen. Auch der Artikel in der Offenbach-Post über den Neustart in Langen hat mich darin bestärkt, es zu machen. Die Probewoche mit den Mädels hat mir viel Spaß gemacht. Keine Ahnung, ob das auf Gegenseitigkeit beruht (lacht).
Sie waren Junioren-Nationalspieler, haben bei mehreren Zweitligisten gespielt und standen im Erstliga-Kader der Frankfurt Skyliners. Wie steht es um ihre Trainererfahrung?
Im weiblichen Bereich war ich noch gar nicht tätig, bringe insgesamt noch wenig Erfahrung mit. In Langen habe ich mal die U16-Jungs und 2. Herren trainiert, dazu das U19-Bundesligateam von Ehingen/Urspring. Das hat schon Spaß gemacht und ich stand vor der Wahl, den Berufsweg als Trainer einzuschlagen. Damals habe ich mich aber doch für die Tätigkeit in einem IT-Unternehmen entschieden.
Und nun also der Sinneswandel?
Nachdem ich jetzt auch beruflich ein schwieriges Jahr hatte, habe ich mir Gedanken gemacht, wie es weitergehen soll. Und die Option, als Ex-Bundesligaspieler eine B-Lizenz im Schnelldurchgang abzuschließen, hat mich gereizt. Damit kann man zum Beispiel auch an Schulen unterrichten. Ich setze jetzt auf eine Kombination aus IT- und Trainertätigkeit.
Als Einstieg wartet nun ein Team, das sich nach mehr als 15 Bundesliga-Jahren in der Regionalliga neu aufstellen muss. Es gibt leichtere Aufgaben, oder?
Natürlich gibt es viel zu tun. Aber als Mannschaft kam für mich nur Langen in Frage. Ich kenne die Liga zwar noch nicht, aber auch der Austausch mit Saymon Engler (trainierte die Basket in den Jahren zuvor) hat mir geholfen und ich freue mich total auf die Aufgabe.
Mit den Abgängen von Jule Seegräber, Monika Crnjac und Inga Oberhag nach Bad Homburg sowie Antonia Schütze, die es in die USA zieht, geht viel Qualität verloren. Wie schätzen Sie den Kader ein?
Wir haben die Truppe ansonsten zusammenhalten können. Das sind junge Mädels mit viel Potenzial, das es herauszukitzeln gilt. Dazu können wir wohl auf Svenja Greunke und Paula Süßmann zurückgreifen. Da können die anderen Mädels viel lernen. Am Ende macht es die gute Mischung. Wir werden sehr konkurrenzfähig sein.
Svenja Greunke konnte allerdings in der vergangenen Saison wegen ihrer Rückenprobleme kaum trainieren und spielen..
Da muss man sehen, inwiefern der Körper mitmacht, sie wird sehr genau darauf hören. Aktuell fühlt sie sich aber gut. Ist sie dabei, ist das natürlich Gold wert, alleine durch ihrer Erfahrung auf hohem Niveau. Aber auch Paula Süßman ist für mich nach wie vor eine gute Bundesligaspielerin und wichtiger Baustein. Sie ist beruflich eingespannt, aber das gilt ja für mehrere Spielerinnen.
Welche Herangehensweise schwebt Ihnen auf dem Feld vor?
Langener Handschrift darf es schon sein (lacht). Also intensiv verteidigen, schnell umschalten und einfachen wie effektiven Basketball spielen.
Ist das auch die Aufstiegsformel?
Klar, wir wollen gerne wieder nach oben und haben uns das auch als Ziel gesetzt. Aber die Mannschaft muss sich in der neuen Liga auch erst wieder finden. Die Karten werden neu gemischt. Einige Mädels können und werden jetzt mehr Verantwortung übernehmen. Insofern bietet der Neuanfang die Chance, die Enttäuschung in etwas Positives umzumünzen. Mit guten Ansätzen und neuen Impulsen.
Was müsste sich denn im Aufstiegsfall ändern, um einen Absturz wie in der vergangenen Saison zu verhindern?
Grundsätzlich ist ein Aufstieg erstmal schwierig, egal, in welcher Liga. Wir dürfen uns da keine Ausrutscher erlauben, müssen zusammenwachsen. Was danach kommt, ist weit weg und wird man sehen. Natürlich sind auch Kooperationen denkbar. Aber erstmal wollen wir es schaffen, wieder als Baskets in der 2. Liga zu spielen, so ein Aufstieg bringt ja immer eine Sogwirkung mit sich.
Die Männer haben es mit dem Sprung in die Pro B vorgemacht. Ganz ehrlich: Würde es Sie als Langener Urgestein mit mehr als 750 Spielen im TVL-Trikot nicht reizen, dort nochmal anzugreifen?
Auf keinen Fall. Dieser Zug ist abgefahren. Ich hatte ja im vergangenen Jahr einen Bandscheibenvorfall und habe bei meinen Einsätzen in der Bezirksliga und dem Ü35-Team gemerkt, dass es eben jetzt doch einige Limitationen gibt. Ich in der Pro B – das will keiner mehr sehen (lacht).
Das Gespräch führte Jörn Polzin