Was war vor 40 Jahren ? TVL-Herren steigen erstmals in die 1. Basketball-Bundesliga auf. Aus heutiger Sicht mit erstaunlich vielen Langener Buben.
Es war 1979, als Jochen Kühl nicht mehr gleichzeitig Coach eines sehr ehrgezigen jungen TVL-Teams und auch noch Abteilungsleiter und Familienvater und DSB-Justitiar sein konnte. So war es ein Glücksfall für alle, dass Paul Hallgrimson aus Bellingham (Washington State) als neuer Giraffen-Coach gewonnen werden konnte. Mit ihm begann eine neue Zeit für die Langener Giraffen.
Zunächst erreichte das Team in der 2. Bundesliga den 3. Platz. Doch schon in der Saison 1980/81 schafften die TVL-Giraffen erstmals den Aufstieg in die 1. Bundesliga. Und 1981/82 spielten sie in Deutschlands höchster Liga.
Es waren Langener Jugendspieler, die den Kern der Mannschaft stellten. Jogi Barth (Jahrgang 1957) und Rainer Greunke (1958) führten das Team auf dem Feld an. Weitere Langener im Team waren Jochen Geiger, Peter Hering, Werner Barth, dazu Jens Oltrogge und Franz Schindler, beide mit US-Highscool-Erfahrung. Verstärkt und ergänzt wurde die Giraffen durch Achim Heine (aus Frankfurt), Peter Reissaus und Martin Overlack (beide aus Sulzbach), Wolfgang Ludwig. Und mit dem 2,13 Meter großen Ex-Nationalcenter Uli Sledz (der ehemalige Gelsenkirchner studierte und spielte davor zuletzt 3 Jahre an der Eastern Washington University in Seattle) und im Aufstiegsjahr auch zunächst mit Gene Glenn hatte Trainer Paul Hallgrimson zwei Verstärkungen aus USA mitgebracht. Sie alle hatten den Aufstieg in Liga 1 geschafft.
Erstmals 1. Bundesliga für die Giraffen !
In die Erst-Liga-Saison ging dieses Giraffen-Team im September 1981 dann mit neuer US-Verstärkung. Joe Lennard, intelligenter und sprungstarker Spieler beherrschte die Bretter.
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Die Giraffen 1981/82 (hinten v.l.n.r.) Jochen Kühl (Abteilungsleiter), Peter Reissaus, Joe Lennard, Uli Seldz, Achim Heine, Wolfgang Ludwig, Werner Barth, Paul Hallgrimson (Headcoach); vorn v.l. Rainer Greunke, Peter Hering, Franz Schindler, Gerda Braune (Team-Managerin), Jochen Geiger, Jogi Barth, Martin Overlack, Jens Oltrogge.
Als Team-Managerin unterstützte Gerda Braune (ehemals Jugendwartin des FC Langen) das Team.
Diese Erstliga-Saison startete ungewöhnlich. Das erste Spiel hatten die Giraffen noch in der völlig überfüllten Sporthalle der Reichweinschule gespielt (und gegen MTV Gießen mit 94:86 gewonnen). Das war das letzte Basketball-Spiel in der viel zu kleinen Adolf-Reichwein-Schule. Auch der 76:73-Sieg in Leverkusen war spektakulär. Und zur Premiere in der Georg-Sehring-Halle folgte noch ein 82:80-Sieg gegen Bayreuth.
Der Aufsteiger aus Langen hatte damit die gesamte Liga überrascht. Als dann der amtierende deutsche Meister ASC Göttingen nach Langen kam, hatte sich die ARD-Sportschau angemeldet.
Die Georg-Sehring-Halle war dann bei allen Bundesliga-Spielen knallvoll. Offiziell gab es auf beiden Tribünen nur 800 Sitzplätze. Die Brandschutzregeln ließen bis zu 1400 Zuschauer zu. Der Abteilungsvorstand hatte weitere Sitzbänke hinter beiden Körben (auf Teppichen) aufgebaut und die Stehplätze konnte man nicht zählen. Kurzum: Die Halle war richtig voll.
Ausgerechnet gegen Göttingen gab es dann die erste klare Niederlage mit 70:94, aber dafür rund 15 Sende-Minuten im 1. Programm.
Und danach gab es zunächst nur noch Niederlagen für das junge Giraffenteam. Inzwischen hatten die gegnerischen Coaches das Spiel der Giraffen durchschaut. Es war sehr stark auf Joe Lennard focussiert. Er überragte die eigenen Mitspieler und viele der gegnerischen Spieler deutlich. So bekam er meistens Sonderbewachung, und damit wurde es für die Giraffen schwerer in der 1. Bundesliga.
Eine besondere Situation bescherte der letzte Spieltag. Die Giraffen mussten beim USC Heidelberg ran. Sie standen bereits als Absteiger fest. Würden sie das letzte Spiel auch noch verlieren, würde mit ihnen der DTV Charlottenburg (Vorläufer von ALBA Berlin) absteigen, und zwar in die 2. Bundesliga-Nord. Ganz Basketball-Deutschland glaubte fest an einen Heidelberger Sieg, allein schon deshalb, weil die Giraffen es dann in der Folgesaison nicht in der 2. Liga-Süd mit dem USC als starkem Gegner zu tun haben würden. Doch die Giraffen tickten anders. Sie spielten nicht berechnend.
Zusätzlich schwierig war das letzte Spiel für Headcoach Paul Hallgrimson. Nur er wusste, dass dies sein letztes Spiel als Giraffen-Coach sein würde. Das Spiel in Heidelberg verlief bis 2 Minuten vor Ende knapp. In einer letzten Auszeit erklärte der Coach seinem Team, dass es jetzt die Verantwortung für Sieg oder Niederlage allein übernehmen müsse. Die Teamentscheidung war eindeutig. „Wir spielen immer, um zu gewinnen.“ Und so kam es zu dem knappen 74:72-Sieg im letzten Spiel.
Die Folgen waren zum einen eine Kiste Sekt und eine Einladung aus Berlin zum Saison-Eröffnungs-Turnier im Herbst 1982 mit Gratis-Flug und -Übernachtung. Aber auch hier waren die Giraffen „unberechenbar“. Statt zu fliegen fuhren sie mit dem Bus und sorgten dafür, dass auch die TVL-Damen mitreisen und in Berlin an dem gleichzeitig stattfindenden Damen-Turnier teilnehmen konnten.
Und mit diesem Sieg hatten die Giraffen auch dafür gesorgt, dass es noch jahrelang zu einer gesunden Rivalität mit dem USC Heidelberg kam. Die Spiele dieser beiden Teams sorgten sowohl in der 2. als auch später wieder in der 1. Bundesliga immer für eine besonders volle Georg-Sehring-Halle.
Weitere fünf Erstliga-Jahre, teilweise mit Unterbrechungen, folgten für die Giraffen. Die „FAZ“ bezeichnete sie als „Fahrstuhl-Mannschaft“. Viermal war Jogi Barth der Giraffen-Headcoach, einmal Alan Lambert.
Als dann ab den 90-er Jahren der Bundesliga-Spielbetrieb kommerzieller geworden war, war für die Langener Basketball-Amateure kein Platz mehr im Oberhaus.
Mehr über den TVL-Basketball gibt es unter https://langen-basketball.de/history/