Wir danken Holger Werner für die freundliche Genehmigung den Artikel vom 13.05.25 hier wiederzuveröffentlichen. Dank auch an Josh Hoffmann für die Bereitstellung der Fotos.
Nach mehr als einem Jahrzehnt in der Regionalliga kehren die 1.Herren des TV Langen zurück in die ProB, die offiziell als 2.Bundesliga gilt. Die Giraffen sind also endlich zurück! Na ja, so halbwegs zumindest!
Aber von vorne! Es waren beeindruckende Szenen, die sich am Freitag (09.05.) rund um, und in der altehrwürdigen Georg-Sehring Halle in der Berliner Allee abspielten. Nach einer denkwürdigen Saison mit vielen Widrigkeiten spielten die Giraffen makellose Playoffs und beendeten diese mit einem ganz starken Auftritt im zweiten Finalspiel gegen die College Wizards aus Karlsruhe, die sie vor ausverkauftem Haus mit 61:47 schlugen und sich damit die Krone aufsetzten.
Mit dem Buzzer brachen vor 800 Zuschauern in Oberlinden alle Dämme und die Zuschauer stürmten auf den Court, auf dem schon 1984 die Seattle Supersonics auf ihrer Europatour ein Testspiel gegen den damaligen Meister ASC Göttingen austrugen. Damals waren es mehr als 2000, in der proppenvollen Halle, die ihre besten Tage längst hinter sich hat, und laut Jürgen Barth mittlerweile ein reines „Energiegrab“ ist.
Photo Credit: Josh Hoffmann
Die Geschichte hätte an diesem Abend nicht anders geschrieben werden können. Ohne Leistungsträger Henk Droste und Leon Fertig, der noch im ersten Finalspiel überragte, danach aber seinen 3×3 Verpflichtungen nachkommen musste und in den Flieger nach Asien stieg, zeigte sich, aus welchem Holz das Team geschnitzt ist.
Als Einheit wuchsen sie vor allem in der Defense über sich hinaus und wollten ihrem Coach Tobias Jahn, der um Mitternacht Geburtstag feierte, unbedingt das passende Geschenk machen. Co-Captain Niklas Pons griff nach der Pokalübergabe und ausgedehnter „Humba“ zum Mikrofon und bedankte sich mit eindrucksvollen Worten bei Fans und Unterstützern. Das „Projekt“ hat es im dritten Jahr endlich geschafft und den verdienten Schritt nach oben gemacht.
Photo Credit: Josh Hoffmann
Am Spielfeldrand lauschten u.a. der Bürgermeister, Vertreter aus der Wirtschaft, Sponsoren und mit einem breiten Grinsen im Gesicht, auch die beiden Langener Urgesteine Jürgen „Jogi“ Barth und Jochen Kühl, die dem Verein zusammen seit mehr als einem ganzen Jahrhundert dienen, und mit den Giraffen durch dick und dünn gegangen sind.
Als zahlreiche Kinder nach der Schlusssirene den Court fluteten erinnerten sich einige Zuschauer in der Halle mit Sicherheit an das, was den Verein seit vielen Jahren auszeichnet und stark macht, nämlich der familiäre Zusammenhalt des immer noch größten Basketballvereins in Hessen, sowie seine ausgezeichnete Jugendarbeit, die „damals“ mit dem BTI (Teilzeitinternet) neue Maßstäbe in Hessen setzte.
Doch dort, wo einst u.a. Pascal Roller, Johannes Herber, Denis Wucherer, Robin Benzing und Marco Völler ausgebildet wurden und ihre ersten Schritte in Richtung Profisport machten, und auch die Damen in den letzten Jahren für Furore sorgten, wird es für den Verein nicht weitergehen. Nach mehr als vier Jahrzehnten und einem größeren Wasserschaden im letzten Jahr, zieht die Basketballabteilung in die direkte Nachbarschaft. Ab Herbst will man in der neuen Vier-Felder-Halle nebenan das Projekt „ProB“ in Angriff nehmen und sich bis dahin entsprechend aufstellen.
Auch wenn die Liga für die „ProB“ kein Mindestbudget vorschreibt, wird es für den Verein ein Kraftakt, denn die Strukturen wurden in den letzten Jahren auch der Regionalliga angepasst und müssen nun neu gebildet werden. Auch die neue Halle bietet lediglich Platz für 500 Zuschauer, ist also vom Fassungsvermögen sogar kleiner als die alte Heimat.
„Eine Rückkehr in den professionellen Basketball ist mit dieser Halle eigentlich nicht möglich“, bleibt Jürgen Barth realistisch.
Während der Bau im Zeitplan liegt und man guter Hoffnung ist, dass man zum Saisonstart einziehen kann, gibt es bezüglich der alten Heimat noch ein paar Fragezeichen. Eigentlich könnte man sie noch nutzen, ein zeitnaher Abriss steht aber aktuell ebenso im Raum und ist früher oder später auch unausweichlich.
In Langen ist man trotzdem motiviert und will laut Barth eine stabile ProB Mannschaft aufstellen die sich im Süden auch mit einigen Zweitvertretungen und Farmteams von Bundesligisten messen müsste. Nach ersten Gesprächen mit der Ligaführung gilt es nun nicht nur das Team auf dem Court dafür zusammenzustellen, sondern auch das Team dahinter! Einen hauptamtlichen Geschäftsführer muss man zB. einstellen, denn der ist mittlerweile vorgeschrieben. Dazu kommen teure LED Banden und zahlreiche andere Vorschriften, die in der Halle an Spieltagen beachtet und umgesetzt werden müssen.
„Wir haben wieder ein junges Vorstandsteam, dass es natürlich toll findet, dass wir wieder ein junges Team haben, das Begeisterung weckt, das ist schon motivierend und wichtig“, sagt Barth, dem als ehemaligem Leistungssportler und Organisator mit viel Erfahrung nicht bange ist, dass man die vor einem liegenden Aufgaben gemeistert bekommt. „Ich glaube wir schaffen das“, ist Barth vorsichtig optimistisch.
Und auch, wenn man in Langen in Zukunft aufgrund der fehlenden Rahmenbedingungen wahrscheinlich keine Pokalerfolge mehr feiern wird wie 1998, als man mit Trier (86:84) den amtierenden Pokalsieger aus dem Wettbewerb warf, danach noch Bundesligist Braunschweig rauskegelte und auch ALBA Berlin einen harten Kampf vor 1400 Zuschauern lieferte – um die Zukunft des Clubs muss man sicher keine Angst haben.
Auch in Langen spürt man nach wie vor die Nachwehen des WM Titels der Nationalmannschaft (2023), die Basketballabteilung ist aktuell so groß wie nie zuvor! Der Verein wird nun schauen, ob das Geld für mögliche Verstärkungen und „Importspieler“ vorhanden ist, und ob man es tatsächlich auch dafür ausgeben will. Einen Highflyer wie den US-Amerikaner Rick Stafford, der nach seiner Zeit in Oberlinden noch Meister in Bamberg wurde, oder einen Power Forward wie Robert Wintermantel, der auch für die Skyliners das Jersey überstreifte, wird man in Langen vielleicht nicht mehr bewundern können. Dafür könnten aber sicher einige der Kinder, die am vergangenen Freitag nach der Schlusssirene auf den Court sprinteten in Zukunft die neuen Aushängeschilder des Clubs werden.
Die Werte die in Langen vermittelt werden sind groß, die Geschichte ist unter dem Hallendach und im Gang hin zur Umkleide unübersehbar. Und überhörbar ist sie auch, denn mit Thomas Müller-Ali haben die Giraffen seit mehr als drei Jahrzehnten wahrscheinlich den kultigsten Hallensprecher in ganz Deutschland, bei dem selbst ich mir damals etwas abgeschaut habe!
Mit Sicherheit sind die Fußstapfen der Vereinslegenden Jochen Kühl (82) und Jürgen Barth (68) groß. Irgendwann werden beide kürzertreten. Wenn die Giraffen auch in Zukunft auf langen, aber möglichst nicht wackeligen Beinen stehen wollen (die Damen sind von der 2.Bundesliga in die Regionalliga abgestiegen), dann müssen Alle anpacken und die Arbeiten gemeinsam schultern. Also so, wie sie das schon immer gemacht haben!
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