Offenbach Post 08.01.2025 Drago Crnjac (22) hakt seine Ehingen-Erfahrung ab und traut seinem neuen Klub TV Langen in der Basketball-Regionalliga den Titel zu
Langen – Gut 200 Kilometer in den Nordschwarzwald, auf nasser, teils schneebedeckter Strecke, und das an einem Sonntagnachmittag. Ziel: die kleine Bächlenhalle in Nagold, Heimstätte des KKK Haiterbach, Kellerkind der Basketball-Regionalliga. Nicht unbedingt die angenehmste Aufgabe zum Jahresauftakt, könnte man meinen. Weit gefehlt. Für Drago Crnjac, Zugang vom TV Langen, war es ein „Highlight der Saison“.
Das hatte mit dem Gegner zu tun, dem Kroatischen Kultur und Sportverein Komuina Haiterbach. „Gegen kroatische Klubs zu spielen, ist natürlich speziell für mich“, sagt der 22-Jährige. Crnjac, in Frankfurt geboren und einst für die Skyliners-Reserve in der 3. Liga (Pro B) aktiv, besitzt die deutsche und kroatische Staatsbürgerschaft. Entsprechend groß sei die Vorfreude auf das Duell in der engen, kleinen Halle gewesen, die – Pikanterie am Rande – durchaus auch seine Heimstätte hätte werden können. „Die Entscheidung bei meinem Wechsel fiel zwischen Langen und Haiterbach. Sie haben hingelegt, was sie konnten, mich mit Pullis und anderen Dingen geködert“, erzählt Crnjac schmunzelnd.
Dennoch fiel seine Wahl auf den TV Langen, mit dem er 86:69 in Haiterbach gewann und den Spitzenplatz festigte. Seine Ausbeute im dritten Saisonspiel für die „Giraffen“: 16 Punkte und vier Rebounds in 26 Minuten. „Bei mir ist sicher noch viel Luft nach oben, aber wichtiger ist, dass ich dem Team helfen konnte“, sagt Crnjac. Und noch wichtiger: „Es hat ultra viel Spaß gemacht.“ Keine Selbstverständlichkeit für Crnjac, der im Dezember vom Pro-B-Ligisten aus Ehingen kam und dort andere Erfahrungen machte. „Sportlich hat mir das gar nicht gutgetan. Zudem fehlte bei dem Trainingspensum die Zeit, um zu studieren oder zu arbeiten. Jetzt bin ich froh, die Freude am Basketball wiedergefunden zu haben.“
Grundsätzlich brauche es immer etwas Zeit, sich an neue Liga, neues Team und neue Rolle zu gewöhnen, findet er. Hilfreich: Der 1,96 Meter große Flügelspieler kennt Langen – Verein, Mitspieler, Trainer. Im Sommer mischt er bei 3×3-Turnieren mit, wie die Langener Teamkollegen Leon Fertig, Henk Droste, Niklas Pons oder Risto Vasiljevic. Auch Trainer Tobias Jahn, der ebenfalls für die Skyliners II und Ehingen spielte, ist ihm vertraut. „Tobi ist sehr geduldig, wenn es darum geht, mich bestmöglich einzubinden“, sagt Crnjac. Im Gegensatz zu seiner vorigen Regionalliga-Station bei den Baskets Limburg („da musste ich deutlich mehr alleine machen“), sieht er sich in Langen als Teil eines starken Gefüges und schiebt persönliche Statistiken beiseite. „Es wird von Woche zu Woche besser“, ist er überzeugt.
Den Aufwärtstrend sieht der 22-Jährige auch bei der Mannschaft und traut ihr den großen Coup zu: „Wenn wir unser Potenzial ausschöpfen, können wir Meister werden.“ Der Wechsel zum „absoluten Aufstiegsfavoriten“, der punktgleich mit Lich und Karlsruhe die Tabelle anführt und am Samstag (19.30 Uhr) den Verfolger aus Reutlingen empfängt, sei aber nicht nur aus sportlicher Sicht folgerichtig gewesen. „Ich kann so mehr Zeit in mein Psychologie-Studium stecken.“
Hinzu kommt die Nähe zur Familie, allesamt Basketballer bis auf die Mutter, wie Drago Crnjac stolz erzählt. Der Vater spielte zu Studienzeiten in Kroatien, Schwester Monika (20) ist für Zweitligist Rhein-Main Baskets im Einsatz, Bruder Ivan (17) wird von den Skyliners als „eines der größten Talente des Klubs“ gepriesen. „Ich habe es in der Jugend mit Fußball, Handball und Tischtennis probiert, bin aber beim Basketball geblieben und habe meine Geschwister dann mit reingebracht“, erzählt Drago Crnjac schmunzelnd.
Von klein auf hätten sich die Brüder im Eins-gegen-eins „gebattled“, zunächst mit Vorteilen für ihn. „Ivan hat sich immer beklagt, dass ich größer sei“, berichtet Drago. Mittlerweile hat ihn der Bruder überholt. Längenmäßig mit 2,03 Meter und von der Ligazugehörigkeit (Pro B). „Er macht es sehr professionell, ist auf einem guten Weg“, lobt der ältere Bruder. „Aber auch Monika ist schon lange eine wichtige Stütze bei den Baskets und bringt eine coole Dynamik rein.“
Die Spiele der Schwester mit der kroatischen U20-Auswahl verfolgt Familie Crnjac natürlich geschlossen. Dass die Geschwister auf ihrem Weg ganz unterschiedliche Erfahrungen machen, sieht Drago positiv. „Wir sprechen viel darüber. Das hilft, ohne Dinge selbst erlebt zu haben.“ Jüngst auf der Agenda: das Gastspiel in Haiterbach.
Von Jörn Polzin
Vielen Dank an die Offenbach-Post und Jörn Polzin für die Genehmigung der Wiederveröffentlichung.