Langen – Ein letzter Pass, ein letzter Wurf, ein letzter hoffnungsvoller Blick. Doch der Ball prallt vom Ring ab, findet nicht den Weg ins Netz. Es bleibt bei zwölf statt der benötigten 14 Punkten Vorsprung. Aus und vorbei. Mailien Rolf kann und will es nicht fassen, schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, sinkt in die Knie. Wenige Sekunden später versteckt das hochgezogene Trikot die Tränen der Spielmacherin.

Eine Szene, die Mailien Rolf bestens beschreibt: emotional, ehrgeizig, kämpferisch. Als der K.o. der Rhein-Main Baskets im Achtelfinal-Duell mit Herne/Recklinghausen besiegelt ist, hat keine so sehr zu knabbern wie sie. Denn für die Spielmacherin ist es nicht nur das bittere Saisonaus, sondern auch der vorläufige Abschied von ihrem Ausbildungsverein, der sie geprägt hat, zur Jugendnationalspielerin und Bundesligaspielerin hat reifen lassen.

Natürlich ist es ärgerlich, dass es so früh zu Ende gegangen ist. Als die Schlusssirene ertönte, war es schon hart für mich zu realisieren, dass es mein letztes Spiel im Baskets-Trikot war“, sagt Rolf mit etwas Abstand. „Ich hätte gerne noch ein paar Spiele mehr auf dem Feld gestanden. Aber es ist ja nicht mehr zu ändern.“ Abhaken ist also angesagt. Nach vorne schauen. Denn auf die 18-Jährige wartet eine aufregende Zeit.

Ende Mai beginnt die Vorbereitung mit der U20-Nationalmannschaft auf die Europameisterschaft Anfang Juli in Litauen. Für Rolf als frühere Kapitänin der U18-Auswahl sind Auftritte auf internationalem Parkett zwar keine seltenen, aber stets schöne Erfahrungen. „Wir haben eine ganz gute Gruppe erwischt. Mit Serbien, Ungarn und Israel. Da wollen wir uns weit vorne platzieren und damit eine gute Ausgangslage für die K.o.-Spiele erkämpfen. Und ich will alles geben und der Mannschaft helfen, wo ich nur kann“, erzählt die 1,78 Meter große sprungstarke Athletin. Und das mit dem nötigen Spaß und Zusammenhalt. „Einfach genießen, bei den Mädels zu sein“, hat sich Rolf vorgenommen, für die das Turnier zur Durchgangsstation werden wird.

Denn die zweite Jahreshälfte hält für sie nicht nur ein Abenteuer, sondern den Beginn eines neuen Lebensabschnitts bereit. Rolf bestreitet den Weg, den viele ambitionierte Basketballer vor ihr antraten und als Sprungbrett für große Karrieren nutzten: Sie zieht es in die USA, wird an der Universität von Arizona studieren und für die Wildcats auflaufen.

Fernziel 1. Liga: Jugendnationalspielerin Mailien Rolf schließt sich dem College von Arizona an. © postl

Ein großer Schritt, aber ein gut überlegter. „Nach dem Abitur ist es für mich der beste Zeitpunkt. Ich bin hier relativ ungebunden, kann dort unter Top-Bedingungen trainieren, spielen und studieren“, betont die Roßdorferin. Ihr Ziel: „Mich schnellst- und bestmöglich entwickeln.“ Wie lange? Das hält sie sich noch offen. Wie auch den genauen Studiengang. Fest steht: Es soll etwas mit Sport und Gesundheit sein. Kann auf dem möglichen Weg zur Profikarriere nicht schaden. Darauf festlegen will sich die Leistungsträgerin der Baskets (11 Punkte im Schnitt) nicht, kündigt aber an: „Ich will nach dem College auf jeden Fall mit Basketball weitermachen. Wo wird man sehen. Vielleicht ja in der 1. Liga.

Ihr langjähriger Vereinstrainer traut ihr jedenfalls Vieles und Großes zu: „Mailien ist für mich eine Ausnahmespielerin, die man, wenn man Glück hat, alle zehn Jahre mal bekommt“, betont Saymon Engler. Fast genauso lang hat er die Spielmacherin betreut, eine enge Bindung aufgebaut. „Ich war im Bezirkskader ihr Trainer, habe sie in der U14, U16, bei Nominierungslehrgängen des Nationalteams, in der U18-Bundesliga und drei Jahre in der 2. Liga begleitet. In den vielen Stunden, die wir in der Halle verbracht haben, habe ich selten eine so disziplinierte und motivierte Spielerin gesehen“, hebt Engler hervor.

Besonders deren „aufopferungsvolle Art“ imponiert ihm. Beispiel: der deutsche Meistertitel mit der U14 der BG Darmstadt-Roßdorf, als sich Rolf trotz Fußzerrung durchbiss. Oder das Endspiel mit den Baskets um die U18-Meisterschaft 2023, als Rolf trotz lädierten Ellenbogens durchhielt, und ihr Team als Kapitänin zum Coup führte. „Ich wüsste nicht, wie viele Spielerinnen sich so aufopfern“, sagt Engler. „Sie bringt auf jeden Fall das passende Mindset, Aggressivität und Power mit, um sich am Ende durchbeißen zu können.

Neben der Charakterstärke und Führungspersönlichkeit („ihr Wort hat Gewicht“) sieht Engler die 18-Jährige auch basketballlerisch gewappnet für den Sprung über den großen Teich. Speziell durch das Individualtraining, das in den vergangenen anderthalb Jahren die verletzte und als Co-Trainerin eingesetzte Svenja Greunke übernommen hat. „Sie hat viel mit Mailien gemacht. Das war auch dringend nötig, damit sie mal von einer anderen Person mit sehr viel Kompetenz und Erfahrung neue Dinge und Sichtweisen lernt“, erläutert Engler.

Und eine „Leistung“ fügt er noch schmunzelnd und stolz an: „Dass wir uns in der langen Zeit nicht allzu sehr auf die Nerven gegangen sind und es so lange miteinander ausgehalten haben.“ (Jörn Polzin)

Wir Danken der Offenbach-Post und Jörn Polzin für die Genehmigung für die Wiederveröffentlichung des Artikels vom 10.04.2024. Der Originaltext kann hier runtergeladen werden:

Ausnahmespielerin bei den Baskets: Mailien Rolf hat große Ambitionen (op-online.de)